Monatsgespräch

 

Marco Hofmann

 

Werkleiter Müller Packaging in Reiden


Seit 2004 bei Müller AG Verpackungen
Seit 2008 Stv. Werkleiter Reiden
Seit 2016 Werkleiter in Reiden

 

 

Im Werk Reiden gross geworden

 

Marco Hofmann (42) ist seit sechs Jahren Werkleiter von Müller Packaging in Reiden – aber eigentlich bereits seit der Schulzeit mit dem Betrieb verbandelt. Warum das so ist und dass der dynamische Machertyp noch einige Ziele verfolgt, lesen Sie im Monatsinterview hier im Novemberfenster.

 

 

Herr Hofmann, Sie sind der Werkleiter von Müller Packaging in Reiden. Wie viele Mitarbeitende arbeiten im Werk? Wie viele Personen führen Sie direkt?

Im Werk Reiden arbeiten aktuell etwas mehr als 60 Mitarbeitende in acht Abteilungen. Diese acht Abteilungsleiter führe ich direkt. Im Gespräch bin ich aber immer wieder mit allen Mitarbeitenden. Das ist bei 60 Mitarbeitenden zum einen gut möglich, zum anderen schätze ich auch den persönlichen Kontakt mit den unterschiedlichen Menschen.

 

Welchen beruflichen Hintergrund haben Sie?

Ich habe eine kaufmännische Berufslehre im Gastgewerbe gemacht. Dieser Lehre folgte ein kleiner Abstecher in die Bankenwelt und eine betriebswirtschaftliche Weiterbildung zum BASc (der ehemaligen Höheren Fachschule für Wirtschaft). Auf Müller Packaging in Reiden bezogen, hatte ich durch meinen Vater Peter, der Reiden aufgebaut hat, schon früh Einblicke in den Betrieb: In der Schulzeit war ich regelmässig hier und habe in den Ferien mein erstes Geld verdient.

 

Und wann sind Sie dann beruflich fix in Reiden eingestiegen?

Im 2004 habe ich in der AVOR/PPS begonnen. Zwei Jahre später wurde ich zum Leiter AVOR/PPS ernannt, im 2008 dann zum Stv. Werkleiter von Müller Packaging in Reiden. Weitere acht Jahre später dann, übernahm ich die Funktion Werksleitung von meinem Vater.

 

Wie der Vater so der Sohn, kommt einem da in den Sinn.

Stimmt… auch die Hofmanns schreiben bei Müllers Familiengeschichte. Ich bin sozusagen im Werk Reiden gross geworden und führe heute das Werk in der zweiten Hofmann-Generation weiter (lacht). Als Quereinsteiger mit kaufmännischem Background habe ich vieles von meinem Vater gelernt. Und auch die Grundwerte – und da spreche ich vor allem die Identifikation mit der Firma an –, sind bestimmt die gleichen wie bei meinem Vater: Bei uns Hofmanns steht Müller Packaging vielmals an erster Stelle, was auch dazu geführt hat, dass wir auch zuhause oft geschäftliche Themen besprochen haben.

 

Sind in der Werksführung Unterschiede auszumachen zwischen Ihnen und Ihrem Vater?

Ich bin aus einer anderen Generation und pflege deshalb naturgemäss einen anderen Führungsstil. Mit ist es wichtig, dass das Know-how auf mehrere Köpfe verteilt ist und dass alle Mitarbeitenden, speziell unser Führungskader, ihre Verantwortungen wahrnehmen.

 

Wann hat der familiäre Führungswechsel stattgefunden?

Ich habe dies nie als wirklichen Wechsel wahrgenommen. Mein Vater und ich haben uns gut ergänzt. Er mit seinem technischen tiefen Wissen und ich mit meinem betriebswirtschaftlichen Rucksack. Die meisten Entscheide sind so gemeinsam entstanden. Und dann kam der Tag, an dem mein Vater offiziell ins zweite Glied zurückgetreten ist. Ich mag mich noch gut erinnern. Das war 2014, zwei Jahre vor seinem Ruhestand. Diese beiden letzten Jahre waren für uns beide eine spannende Zeit: Mein Vater musste lernen, loszulassen und ich musste lernen, den nun fehlenden Part und die daraus resultierenden Lücken neu zu organisieren.

 

Aber das ist Ihnen beiden gut gelungen?

Das ist bestimmt so, ja. Bei unserer familiären Konstellation und Nähe, war eine enge Verbundenheit und grosses Vertrauen gegeben. Ich musste damals und muss auch weiterhin lernen, neuen Mitarbeitenden, die Funktionen von Peter Hofmann übernommen haben, zu vertrauen, dass auch sie ihre Arbeit gut machen. Auch das ist mir eigentlich sehr gut gelungen.

 

Wie sieht Ihr typischer Alltag als Werkleiter aus?

Den typischen Alltag gibt es nicht. Das macht meine Arbeit ja so spannend und abwechslungsreich. Primär stehe ich in engem Kontakt mit den Abteilungsleitern und unterstütze bei Aufgaben wie Einkauf oder AVOR/PPS. Dann bin ich stark involviert, wenn es ums Lösen von technischen Problemen geht oder wenn Grossprojekte bei uns umgesetzt werden. Auch mit dem Verkauf in Münchenstein bin ich regelmässig in Kontakt, zum Beispiel, wenn es darum geht, individuelle Kundenanforderungen effizient umzusetzen. Dann bin ich bei internen und externen Audits im Lead, kümmere mich ums Beanstandungsmanagement und bin Jahr für Jahr in den Budgetierungsprozess involviert, in welchem es auch stets darum geht, in den Maschinenpark zu investieren. Dann führe ich hier in Reiden das ganze HR-Management bei uns, Stichworte: Weiterbildungen und Rekrutierungen. Und wenn bei irgendjemandem einmal der Schuh drückt, bin ich auch «Seelsorger» und helfe mit, wenn dies im Bereich des Möglichen liegt.

 

Gibt es auch vom Tagesgeschäft losgelöste Aufgaben, denen Sie sich annehmen?

Hier kann ich beispielhaft vier Themen erwähnen.

  • Wir gelten als sogenannter «Störfallbetrieb», weil wir auf unserem Areal einen Gastank und ein Lacklager haben. Hier müssen wir der Gemeinde aufzeigen, dass wir a) alles im Griff haben und b) falls ein Schadenfall eintritt, dass wir gut vorbereitet sind und zeitnah reagieren können.
  • In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass Müller Packaging in Reiden interessiert ist, was politisch in der Gemeinde geht und ob in der Nachbarschaft neue Bauprojekte geplant sind, damit wir uns gegebenenfalls auch als «Störfallbetrieb» einbringen können.
  • Auch mit der Zukunft beschäftige ich mich, indem ich unsere Werks- und Maschinenstrategien entwickle und in die Geschäftsleitung einbringe. Hier geht es beispielsweise um die Arealentwicklung und um Fragen wie «Wie sieht Zukunft aus?», «Wie wachsen wir?», «Welche neue Aufgaben kommen auf uns zu?» und «Was für neue Investitionen bedingt dies?».
  • Dann befasse ich mich auch mit Fragen des Kantons, namentlich um die Gewässerraumausscheidung. Da ein Bach unter unserem Areal durchfliesst, müssen wir als Betrieb in ein Hochwasserschutzkonzept eingebettet sein.

 

Was ist die grösste Herausforderung für Sie, Ihren Job erfolgreich zu meistern?

Der Job läuft gut und ich habe soweit alles im Griff und werde durch meine Abteilungsleiter gut unterstützt. Meine grösste Herausforderung ist in der Schnittstelle Beruf und Privatleben zu finden. Hier geht es für mich darum, genügend Ausgleich zu meinem hektischen Alltag zu finden und dafür auch einmal Grenzen zu ziehen um meiner Familie gerecht zu werden. Hier hilft es mir aber zusehends, dass ich älter, erfahrener und weiser werde (lacht).

 

Was ist für Sie das Besondere am Werk Reiden?

Für Reiden gilt seit jeher: Ein dem Kunden zugesagten Liefertermin wird eingehalten, ganz nach dem Motto, «Geht nicht, gibt’s nicht». Diese Liefertreue erreichen wir aber nur dank der Flexibilität, dem Teamgeist und der Verbundenheit unserer Mitarbeitenden. Es erfüllt mich mit grösstem Stolz, wenn ich beispielsweise unserem Unterhalt morgens um 01:00 Uhr, nach einer erfolgreichen Reparatur eines Anlagenstillstands, «Gute Nacht» sagen kann und die Gewissheit habe, dass unsere
Kunden von dieser Nacht- und Nebelaktion nichts mitbekommen, weil sie am Morgen rechtzeitig ihre bestellten Fässer geliefert bekommen.

 

Was hat sich in den Jahren verändert, seit Sie hier angefangen haben?

Sehr viel. Ich bin ja auch schon seit meiner Schulzeit hier im Werk. Dank dem Bekenntnis der Familie Müller wurde stets in den Standort Reiden investiert. So ist das Werk bereits in mehreren Etappen gewachsen. Dabei konnten Automatisierungen stark vorangetrieben werden und unsere Anlagen halten laufend dem Stand der Technik und Kundenanforderungen mit.

Man merkt auch den Wandel von einem früher stark patrongeführten zu einem heute breit abgestützt geführten Unternehmen. Entscheide und Projekte werden heute, verständlicherweise, auf verschiedenen Ebenen hinterfragt und müssen viel ausführlicher argumentiert und dokumentiert werden. Was aber am Schluss zählt ist das «Go» für die Umsetzung. Dieses bestätigt letztendlich, dass sich der Aufwand gelohnt hat und unsere Überlegungen richtig waren.      

 

Wem sind Sie in Münchenstein direkt unterstellt? Wie findet der Austausch über das Tagesgeschäft statt?

Ich rapportiere direkt an die Geschäftsleitung, primär an meinen Vorgesetzten Hanspeter Kehrli, Leiter Technik / Produktion und unseren Managing Director, Roland Tanner. Wir tauschen uns fix alle zwei Wochen an einem gemeinsamen Meeting aus.

 

Bestimmte Aufgaben und Funktionen werden für Reiden von Münchenstein aus erfüllt und ausgeübt – Beispiele: Verkauf oder Qualitätsmanagement. Wie können wir uns die Zusammenarbeit zwischen den beiden Standorten vorstellen?

Wurden früher beispielsweise Verkaufsanfragen telefonisch vom Verkauf an die AVOR gestellt, laufen heute durch die immer weiter voranschreitende Digitalisierung viele Prozesse automatisiert im Hintergrund ab. Der direkte Kontakt nimmt also tendenziell eher ab als zu. Trotzdem sind wir natürlich eng mit Münchenstein verbunden und agieren immer als ein Unternehmen. Die zentrale Anlaufstelle für unser Kunden ist ihr Key Account in Münchenstein. Die entsprechenden Anliegen werden dort aufgenommen und anschliessend mit uns in Reiden abgestimmt. Standortunabhängige Themen, wie beispielsweise unser Managementsystem, werden durch unser Qualitätsmanagement in Münchenstein betreut und gemeinsam mit dem Qualitätsverantwortlichen in Reiden umgesetzt.

 

Dieses Jahr hat Ihr Reidener-Team überdurchschnittlich viel geleistet – auch im Nachgang zu einem Brand in der Produktion. Wie fühlt sich das an, eine gut motivierte Mannschaft zu führen, die jederzeit anpackt, wenn das gefordert ist?

Der Brand in Reiden war ein Ereignis, auf welches ich persönlich gerne in meiner Laufbahn verzichtet hätte! Wenn ich jedoch auf dieses Ereignis zurückblicke, könnte ich vor Stolz und Dankbarkeit fast platzen. Zu keiner Zeit, weder während dem Brand noch bei den Aufräum- und Wiederaufbauphasen, war mein Team in einem Schockzustand. Sämtliche Mitarbeitenden, selbst Pensionierte, wirkten zielgerichtet darauf hin, dass unsere Produktion schnellstmöglich wieder aufgenommen werden konnte. Unsere Kunden hatten diesen Ausfall kaum bemerkt. Die Loyalität, der Ehrgeiz und die dafür aufgewendete Energie von jedem einzelnen Mitarbeitenden über die letzten paar Monate, übertrifft alles, was man sich als Vorgesetzter zu erwarten hofft. Darum auch hier noch einmal: Vielen herzlichen Dank an das gesamte Reidener Team!

 

Macht Ihnen die Strommangellage, die überall thematisiert wird, in Reiden konkrete Sorgen?

Sorgen ist der falsche Ausdruck. Die mögliche Strommangellage wird von so vielen Faktoren auf der Welt beeinflusst, da wäre es falsch, sich Sorgen zu machen. Aktuell sensibilisieren wir uns in Workshops über dieses Thema und definieren für uns verschiedene Massnahmen, je nach Eskalationsstufe. Mir ist primär wichtig, dass wir als Werk nicht blind in ein solch mögliches Szenario laufen, sondern dass wir die Auswirkungen auf unseren Betriebsablauf kennen und geeignet reagieren können.

 

Gibt es weitere Herausforderungen, um die Sie sich kurzfristig kümmern müssen, damit der Reidener Betrieb weiterhin rund läuft?

Ja. Unsere Mitarbeitende sind seit jeher unser wichtigstes Gut und diese zu hegen und pflegen gehört zu einer meinen wichtigsten Aufgaben. Denn neue Mitarbeitende zu finden, welche den Reidener-Müller-Sprit verstehen und annehmen können, stellt sich schon seit Jahren als äussert schwierig dar. Und die aktuelle Marktsituation kommt derzeit noch erschwerend hinzu. Viel Arbeiten, einen Industriemarktlohn verdienen und sich in unserem tollen Team zu Hause zu fühlen, erfordert besondere Menschen, die so einfach nicht mehr zu finden sind.

 

Das 125-Jahr-Jubiläum von Müller Packaging ist schwerpunktmässig in Münchenstein gefeiert worden. Aber beim Mitarbeiterausflug auf den Stoos und einem Grillfest mit Tischtennisturnier in Reiden waren Sie und Ihr Team schön eingebunden. Wie sind Ihnen diese Events in Erinnerung geblieben?

Genau solche Events fördern die Verbundenheit zu unserer Firma und stärken das Wir-Gefühl der beiden Standorte. Ich finde es schön, dass es solche Anlässe gibt, wo die Mitarbeitenden im Mittelpunkt stehen und einen persönlichen Schwatz mit Familienmitgliedern der fünften Müller-Generation führen können. Für mich bleiben diese Anlässe gut in Erinnerung – und nicht nur, weil unser Tischtennisteam die Münchensteiner Kollegen im Turnier geschlagen haben (lacht).

 

Angesichts Ihrer vielen Aufgaben und Verantwortlichkeiten, wie stellen Sie Ihre Work-Life-Balance sicher?

Als Ausgleich suche ich das pure Gegenteil zu meinem hektischen Alltag. Beispielsweise bei einem Golfspiel, wo man sich in der Natur bewegt und sich dabei auch mal drei bis vier Stunden auf einen banalen kleinen weissen Ball fokussiert und jeder Gedanke ans Geschäft in einem missglückten Schlag endet. Oder auch bei einem gemütlichen Abend mit Familie und Freunden, bei einem guten Essen und einer noch besseren Flasche Wein.

 

Sie haben jüngst ein Konzert der britischen Alternative-Rock-Band Placebo besucht.

Bewusst Musik hören ist für mich sehr bereichernd. Ob nun zuhause oder an Konzertbesuchen. Dabei bin ich sehr vielfältig aufgestellt. Mein Musikgeschmack ist sehr divers und darum auch nicht so klar definierbar. Da man ja nicht gerne alleine an ein Konzert geht, werden meine Freunde regelmässig «genötigt», neue Musik kennenzulernen, wie jüngst zum Beispiel Placebo, Archive, The xx, London Grammar oder Aurora.

 

Sie sind ein junger, dynamischer Machertyp. Was verfolgen Sie beruflich noch für Ziele?

Meine Aufgabe als Werkleiter ist so vielseitig und es gibt täglich neue und spannende Aufgaben, da wird es mir grundsätzlich nicht so schnell langweilig. Aber es gibt schon noch einige Ziele, die ich verfolge… es bleibt also spannend.

 

Herr Hofmann, vielen Dank für das Gespräch.