Monatsgespräch

 

Beat Studer

 

Leiter AVOR & PPS in Münchenstein

 

Seit 2015 bei Müller AG Verpackungen

 

Roger Eglin

 

Stv. Leiter AVOR & PPS in Münchenstein


Seit 2011 bei Müller AG Verpackungen

 

Marcel Kappeler

 

Leiter AVOR & PPS sowie QM-Beauftragter in Reiden


Seit 2006 bei Müller AG Verpackungen

 

 

«Es gilt, den Kopf wirklich bei der Sache zu haben»

 

Einen grossen Anteil daran, dass die Produktionen in Münchenstein und Reiden rund laufen, haben Beat Studer, Roger Eglin und Marcel Kappeler. Sie sind für die AVOR (Arbeitsvorbereitung) sowie PPS (Produktion, Planung und Steuerung) verantwortlich. Ein Job, der einen kühlen Kopf erfordert.

 

Müller Packaging produziert ihre Fässer an den zwei Standorten Münchenstein und Reiden. Was kann man sich vorstellen, wie viele Fässer werden da täglich produziert?

Beat Studer (BS): Für die Produktion unserer Gebinde stehen in Münchenstein drei Produktionslinien zur Verfügung. Auf zwei werden Stahlfässer produziert, auf einer Fibretrommeln (das sind Gebinde, die aus Karton resp. Kraftliner hergestellt werden).

Marcel Kappeler (MK): Bei uns in Reiden produzieren wir auf zwei Produktionslinien. Auf der Linie 1 entstehen innenrohe Fässer. Abwechslungsreicher produzieren wir auf der Linie 2. Da werden innenlackierte Fässer, Kombifässer und Edelstahlfässer hergestellt.

BS: Pro Tag werden in Münchenstein und Reiden mehrere Tausend Fässer hergestellt.

 

Werden alle Fässer nach Aufträgen produziert oder gibt es auch Standardfässer, die auf Lager produziert werden?

Roger Eglin (RE): Die Fässer werden vorwiegend nach Aufträgen produziert, da fast jeder Kunde seine eigenen Wünsche und Anforderungen hat.

MK: Das ist bei uns gleich. Auch wir produzieren quasi nur auf Kundenbestellungen. Für Kunden, die regelmässig bei uns bestellen, produzieren wir mitunter vor und legen die Fässer an ein Abruflager. Wir achten aber sehr darauf, dieses nicht zu gross werden zu lassen.

 

Wie flexibel müssen Sie in der Produktionsplanung sein, wenn beispielsweise vom Verkauf her ein Expressauftrag reinkommt oder wenn Arbeiter krankheitsbedingt ausfallen?

BS: Das sind genau die Herausforderungen die den Arbeitsbereich AVOR (Arbeitsvorbereitung) sowie PPS (Produktion, Planung und Steuerung) spannend und interessant machen.

RE: Natürlich ist es eine Herausforderung, wenn ein Expressauftrag die vorher ideal eingeplante Produktion durcheinanderbringt. Aber das gehört zum Business und wir sind versiert darin, flexibel auf solche Kundenbedürfnisse zu reagieren.

MK: Auch in Reiden kennen wir solche kurzfristigen Kundenaufträge (lacht). So kommt es immer wieder vor, dass sich Kunden im Verkauf melden und anfragen, ob sie am Folgetag noch einen Aufleger voll (also einen Camion voll) Fässer erhalten können. Dann wird es für uns spannend! Wir versuchen dann natürlich immer, solchen Kundenwünschen zu entsprechen. Diese Flexibilität in der Produktion ist für mich klar eine Stärke. Es macht mich stolz, wenn wir gemeinsam in Reiden solche Herausforderungen stemmen!

Bei einzelnen Personalausfällen versuchen wir, die Herausforderung abteilungsübergreifend zu lösen. In der Anfangszeit der Coronapandemie mussten wir den einen und anderen Ausfall dennoch mit Temporärmitarbeitern kompensieren. Aber wir können uns glücklich schätzen, dass wir im grossen Ganzen gut durch die Coronazeit kamen.

 

Für die Fassproduktion werden zuerst die Halbteile (Böden, Deckel und Mäntel) gefertigt. In der eigentlichen Fassproduktion werden die Teile dann zu einem Fass zusammengeführt, in dem das Material gefalzt wird. Können Sie dieses Falzen unseren Lesern erklären?

RE: Es ist richtig, dass bei uns Böden, Deckel und Mäntel separat produziert werden. Da wir bei Müller Packaging den Lean-Gedanken verinnerlicht haben, versuchen wir die Halbteile auch auftragsbezogen zu produzieren, sodass keine unnötigen Zwischenlager entstehen, die Lagerplatz und Material, sprich Kosten, generieren. Also müssen diese unterschiedlichen Arbeitsschritte aufeinander abgestimmt werden, damit zu guter Letzt die drei Teile auftragsbezogen zu einem funktionierenden Gebinde zusammengeführt werden können.

BS: Bei der Verbindung der Böden und Deckel mit dem Mantel werden die Teile mit einem Rund- oder Flachfalz verbunden. Das funktioniert in etwa so, wie wenn Sie ihre Finger an beiden Händen einrollen und sich so beide Hände fest verschliessen lassen. Am Tag der offenen Türen, der am 18. Juni 2022 in Münchenstein stattfindet, kann man dieses spannende Zusammenführen der Fassbestandteile vor Ort live miterleben.

 

Zwei Hände zeigen, wie der Fassfalz funktioniert.

 

Müller Packaging produziert ihre Gebinde in verschiedenen Materialien. Wo liegen die Produktionsschwerpunkte in Münchenstein und in Reiden?

BS: In Münchenstein produzieren wir mehrheitlich Feinblechfässer. Aber auch Fässer aus verzinktem Feinblech und reine Edelstahlfässer stellen wir her. Unsere Produktion ist ausgelegt für Gebinde mit einem Fassungsvermögen ab 0,4 Litern bis 427 Litern. Das beinhaltet auch Speziallösungen – wie Bergungsfässer oder Swiss-Mini-Line (das sind Spund-, Deckel- oder Kombidosen aus identischen Materialen und Beschichtungen wie die grossen Originalgebinde, im kleinen Massstab, um Kunden 1:1-Simulationen zu ermöglichen). Und wie bereits vorhin erwähnt, produzieren wir auch die leichten Fibretrommeln.

MK: In Reiden produzieren wir die voluminösen 200-Liter-Fässer auch primär aus Feinblech aber auch aus Edelstahl sowie verzinktem Feinblech. Auch die Kombifässer werden bei uns hergestellt.

 

Erzählen Sie uns bitte mehr über die Kombifässer und ihre Produktion, Herr Kappeler.

MK: Bei den Kombifässern handelt es sich um zwei Gebinde in einem. Sie bieten demnach auch die Vorteile von zwei Fasstypen: die vielseitige Produktkompatibilität, Korrosionsfreiheit und Sauberkeit eines Kunststofffasses vereint mit der Stabilität und dem Permeationsschutz eines Stahlfasses. Letztes Jahr haben wir – trotz Corona – noch nie so viele Kombifässer produziert. Im Schnitt der letzten zehn Jahre fertigen wir Kombifässer im sechsstelligen Bereich pro Jahr. Im 2021 haben 15 % mehr Fässer als geplant unsere Produktion verlassen. Was hier noch spannend ist: Wir produzieren die 117 Liter-Einstellbehälter aus Kunststoff auch für das Werk Münchenstein, die auch Kombifässer produzieren.

Grundsätzlich ist die Produktion der Einstellbehälter «nur» ein Produktionsprozess mehr. Die Produktion mittels Extrusionsblasverfahren benötigt aber speziell ausgebildetes Personal und Know-how.

Da die Einstellbehälter voluminös sind, müssen wir darauf achten, dass wir den Lagerplatz der produzierten Kunststoffbehälter nicht aus den Augen verlieren. Dieser füllt sich schnell. Darum ist wichtig, auch die Einstellbehälter just-in-time zu produzieren und die Überführung in die Produktionslinien genau einzuplanen.

 

Ein Mitarbeiter in Reiden stösst einen Einstellbehälter in ein Stahlfass.

 

Und dann möchten einige Kunden, dass die Fässer in ihren Unternehmensfarben oder mit Logo aufgedruckt ausgeliefert werden. Wie wird diese Arbeit im Produktionsprozess geplant?

RE: Das ist aus Planungssicht her einfach noch ein zusätzlicher Arbeitsschritt. Der Kunde sendet uns seine Spezifikation, diese wird vom Verkauf beurteilt und durch die AVOR auf Machbarkeit geprüft. Wenn die maximal drei Farben oder der Logodruck technisch realisiert werden können, wird das zusätzlich auf der Fertigungsliste abgebildet und so auf den Betriebsauftrag übernommen. Speziell ist, dass der Betriebsauftrag ein Kennzeichen erhält, damit alle Mitarbeitenden, die in die Fertigung involviert sind erkennen, dass das Gebinde noch eine Farbe und / oder ein Logo erhalten.

 

In Münchenstein werden auch Fibretrommel gefertigt. Sind diese einfacher zu produzieren als Stahlfässer?

BS: Die Produktion von Fibretrommeln ist technisch weniger komplex als die von Stahlfässern. Sie hat weniger Prozessschritte, benötigt weniger Werkzeuge und das Handling der fertig produzierten Fibretrommeln ist vom Gewicht her leichter. Zudem benötigen die Gebinde keine Lackierungen wie bei den Stahlfässern.

 

Wie behalten Sie bei diesen vielen Aufträgen und Produktionsschritten die Übersicht?

BS: Die grosse Herausforderung besteht darin, strukturiert zu arbeiten, sich in hektischen Zeiten nicht aus der Ruhe zu bringen – und ständig mit der Produktion zu kommunizieren. Es gilt, den Kopf wirklich bei der Sache zu haben.

RE: Natürlich haben wir ein EDV-System, das uns bei unserer Arbeit unterstützt. Über unser ERP System «ABAS» planen und überwachen wir täglich, sogar stündlich, unsere Produktionsabläufe.

MK: Unsere ERP-Lösung ist ein gutes Instrument. Da können wir Aufträge direkt auf unseren beiden Linien einplanen. Auch die Vorproduktion der Halbteile werden dort erfasst – und dann vom System überwacht. Bei werksübergreifenden Aufträgen, also bei der Produktion der Einstellbehälter für das Werk Münchenstein, spielt die Kommunikation eine grosse Rolle. So bin ich regelmässig mit Roger Eglin in Kontakt.

Für mich persönlich ist es sehr wichtig, dass unser Bürocontainer in der Produktionshalle steht, ganz nahe an den Produktionslinien. So sehe und spüre ich unmittelbar, ob alles rund läuft. Und bei Störungen bin ich sehr rasch an der Linie.

 

Treten oft Störungen an den Produktionsstätten auf? Was für welche? Wie werden diese gelöst? In welcher Zeit?

BS: Bei Produktionsanlagen kommen Störungen ab und zu vor. So kann es beispielsweise sein, dass eine Komponente des Stanzwerkzeuges bricht, Spritzdüsen bei der Lackieranlage verstopft oder elektronische Komponenten defekt sind. Wichtig ist dann einfach, dass wir schnell und pragmatisch Lösungen finden.

RE: Hier zahlt es sich aus, dass wir in der Abteilung «Unterhalt / Werkstatt» und mit unserem Elektriker versierte und erfahrene Fachspezialisten inhouse haben, die zeitnah die Produktion wieder auf Vordermann bringen.

MK: Bei einer Linienproduktion spielen so viele elektronische und mechanische Komponenten zusammen, dass es fast schon zum wöchentlichen Alltag gehört, dass hier und dort etwas klemmt oder nicht rund läuft. Drei Sachen scheinen mir hier wichtig:

  1. Regelmässige Wartungen helfen, die Störungen zu minimieren.
  2. Wir können uns bei Störungen auf unser gut eingespieltes Team Unterhalt verlassen.
  3. Auch die Flexibilität der Mitarbeitenden ist wichtig und vorhanden. Wenn zum Beispiel eine Störung um 11.00 Uhr auftritt, schicken wir die Mitarbeitenden früher in die Mittagspause.

 

Es war die letzten Monate zu lesen, dass es aufgrund Corona allerorten zu Lieferengpässen – auch bei den Rohstoffen – gekommen ist. Waren Sie auch tangiert? Und falls ja, wie haben Sie darauf reagiert?

BS: Natürlich sind wir darauf angewiesen, dass die Termine unserer Lieferanten eingehalten werden. Da hat uns Corona auch die eine oder andere Eingangsverzögerung beschert. Solche Fälle müssen dann fallweise beurteilt werden. Fakt ist, dass wir durch Corona unsere Produktion auch das eine und andere mal umorganisieren mussten und dass es auch zu einzelnen Verschiebungen bei unseren Kundenaufträgen gekommen ist.

RE: Es gibt auch Einkaufsteile, die wir seit je her jeweils frühzeitig und in grösseren Mengen bestellen, damit wir über diese jederzeit verfügen können. Deshalb ist auch die Schnittstelle zu unserem Einkauf wichtig für uns.

MK: Bei uns in Reiden hat es wegen Corona keine Einschränkungen gegeben. Wir sind soweit gut über die Runden gekommen. Mit dem Feinblech mussten wir zeitenweise haushälterisch umgehen, konnten aber alle unseren Kunden genügend mit Fässern bedienen.

 

Sie arbeiten eng mit dem Verkauf aber auch mit der Produktion zusammen. Was für Diskussionen gibt es bei ihrer täglichen Arbeit?

BS: Der Informationsaustausch und damit die Kommunikation mit der Produktion und dem Verkauf ist für AVOR und PPS das wichtigste. Fast stündlich gibt es wichtige Informationen, die rasch fliessen und bearbeitet werden müssen.

RE: Wenn es beispielsweise bei der Griffschweissmaschine zu einer Störung kommt und die Anlage mehrere Stunden ausfällt, muss die Produktionsplanung durch uns sofort angepasst werden. Gebinde, die ohne Griffe ausgeliefert werden (also die Griffschweissmaschine nicht benötigt wird), müssen vorgezogen werden, sodass die Produktionslinie in dieser Zeit nicht stillsteht und wir keinen Produktionsunterbruch haben.

MK: Ich stehe jeden Tag mit dem Verkaufsteam in Münchenstein in Verbindung. Da werden neue Aufträge und Termine besprochen sowie bei Problemen Lösungen gefunden. Mit der Produktion und Disposition Reiden gilt es anschliessend zu koordinieren: Wie schaffen wir Platz für neue Aufträge, wie planen wir Termine neu ein?

Bei arbeitsintensiven Prozessen, wie z. B. von Hand palettieren oder Inliner montieren, muss ich mich mit der Produktion, mit den beiden Linien abstimmen und mitunter auch Mitarbeitende von anderen Abteilungen aufbieten. Hier spüre ich stets die grosse Hilfsbereitschaft und man merkt, dass sich hier in Reiden alle für alle einsetzen.

 

Zum Schluss noch die Frage, was es für Sie persönlich bedeutet, in einem Unternehmen zu arbeiten, dass im 2022 sein 125-Jahr-Jubiläum feiert?

BS: Das 125-Jahr-Jubiläum von Müller Packaging zeigt mir, dass es auch heute noch Schweizer Familienunternehmen gibt, denen der Standort Schweiz wichtig ist und die hier erfolgreich wirtschaften können. In den sieben Jahren, die ich hier nun schon arbeite, hat sich das Unternehmen stetig weiterentwickelt und ist konkurrenzfähig geblieben. Das imponiert mir sehr.

RE: Ich finde es bemerkenswert, dass Müller Packaging Jahr für Jahr in die Produktionsanlagen investiert und so ständig Verbesserungen und Optimierungen vornimmt. Das finde ich wichtig und gibt uns die Möglichkeiten, neuen Kundenanforderungen mit innovativen Produkten zu begegnen. Ich arbeite gerne hier und finde es spannend, so nahe am Puls der Produktion zu sein.

MK: Ich kann mich Beat Studer und Roger Eglin nur anschliessen. Ich arbeite gerne bei einem erfolgreichen Unternehmen, das gut aufgestellt ist und so auch in Zukunft Qualitäts-Leader mit hoher Termintreue bleibt. Die zukünftigen Herausforderungen können kommen. Wir sind bereit, auch in Reiden!

 

Das waren tolle Einblicke in Ihre Arbeit. Herzlichen Dank!