Monatsgespräch

 

Richard Lörtscher

 

Stv. Leiter Logistik & Gefahrgutbeauftragter


Seit 2021 bei Müller AG Verpackungen

 

 

«Es ist faszinierend, wie unsere Müller-Fässer weltweit nachgefragt werden»

 

Richard «Richi» Lörtscher, Gruppenleiter Spedition bei Müller Packaging in Münchenstein, ist so was wie ein interner «Hidden Champion». In seinem Lebenslauf ist zu lesen, dass er Schweizer Offizier ist, bei CityDisc in Allschwil die Logistik verantwortet hat und später selbständig einen BluRay- und DVD-Verleih aufgezogen hat. Auch als Tramchauffeur bei den Basler Verkehrsbetrieben hat er sich bewiesen. Bevor er vor gut einem Jahr zu Müller Packaging gestossen ist, war er Standortleiter der Murpf Transporte in Hägendorf. Logistik liegt ihm im Blut.

 

 

Herr Lörtscher, können Sie uns bitte kurz eine Übersicht über das Logistikteam hier in Münchenstein und dessen Aufgaben geben?

Mit Vorarbeiter und Meister sind 16 Leute im Team, die im Schichtbetrieb arbeiten. Der Grossteil arbeitet schon lange zusammen. Die Abläufe sind eingespielt und die Stimmung im Team ist hervorragend. Der Leiter Logistik, Stéphane Zaepfel und ich managen den gesamten administrativen Bereich. Wir organisieren die Transporte zu den Kunden und beachten dabei deren spezifische Wünsche bei den Verladungen. Ismael Buess führt die beiden Teams Frühschicht und Spätschicht unten in der Spedition. Dort werden von der Produktion ankommende Gebinde palettiert, zur Sicherung mit einer Folie «geschrumpft» und für den Verlad bereitgestellt. Wir arbeiten auch sehr eng mit dem internen Transport zusammen. Vor allem dann, wenn wir ausserhalb der Logistikhalle – z. B. in der Lagerhalle oder an den Gleisen des benachbarten Bahnhofs Münchenstein – Verladungen haben.

 

Sie selber sind seit 14 Monaten an Bord. Wie sind Sie zu Müller Packaging gekommen?

Ich wohne im Baselbiet und hatte einen längeren Arbeitsweg nach Hägendorf. Meine Freundin hat dann eher zufällig die Anzeige vom Stellenvermittler Beeworxs gesehen. Darauf habe ich mich als Gefahrengutbeauftragter und Stv. Leiter Logistik bei Müller Packaging beworben, was schlussendlich zur Anstellung geführt hat.

 

Welche Herausforderungen muss das Logistikteam täglich meistern?

Im Kern geht es darum, in unserer Arbeit die individuellen Spezifikationen unserer Kunden zu gewährleisten. Die Kunden haben unterschiedliche Anforderungen an die Palettierung und an den Transport der Müller-Gebinde. Das können Etiketten sein, mit spezifischen Informationen aufgedruckt oder Auflagen zu den Palettengrössen. Die einzelnen Kundenanforderungen an sich sind mehr oder weniger einfach umzusetzen. Es ist mehr eine Frage der Organisation, die Übersicht zu behalten und die Teams entsprechend zu informieren, damit die Gebinde gemäss den Kundenansprüchen für den Versand vorbereitet werden.

 

Wie viele ausgehende Sendungen verarbeitet Müller Packaging in Münchenstein pro Tag? Wie viele davon gehen ins Ausland?

Im Durchschnitt sind dies 10 ausgehende Sendungen pro Tag, wovon die Hälfte ins Ausland geht.

 

Erledigen Sie auch Zollanmeldungen für Exportsendungen und stellen Sie auch Carnet ATA aus?

Hier gibt es eine Aufgabenteilung zwischen den Transporteuren und uns. Wir erstellen die Formulare für die Ausfuhrdeklaration, inkl. Herkunftsbestätigung – also, dass die Gebinde in der Schweiz produziert worden sind. Das Erstellen der ganzen Zollpapiere ist dann Aufgabe der Transporteure.

 

Wer sind Ihre direkten Ansprechpersonen, intern und extern?

Mit unseren Kolleginnen und Kollegen des Verkaufs, des Einkaufs und der Produktion haben wir täglich zu tun. Dann natürlich mit den Fahrerinnen und Fahrern, die bei uns Waren abholen. Und auch mit den Büromitarbeitenden der Transportfirmen, mit welchen wir eng zusammenarbeiten.

 

Wie digital ist die Zusammenarbeit mit Transporteuren derzeit? Geht der meiste Papierverkehr online von statten resp. auf speziellen Online-Plattformen? Oder arbeiten Sie noch viel physisch mit Papier?

Letzteres. Wir arbeiten noch sehr viel physisch mit Papier. Frachtpapiere, Lieferscheine – vieles muss da und dort abgestempelt werden. Wären diese Unterlagen digital, müsste eine einheitliche Lösung zum Einsatz kommen, damit die Zusammenarbeit zwischen Kunden, Transporteuren und uns funktionieren würde. Und auch die verschiedenen Zollstellen müssten mit einer solchen digitalen Lösung arbeiten. So gesehen hat sich die Papierlösung etabliert, ist einfach anwendbar und in aller Herren Länder leicht einsetzbar. Deshalb wird es eine ganzheitliche integrierte Digitallösung in diesem Bereich wohl eher schwer haben.

 

Gibt es LKW-Fahrer, resp. Transportunternehmen, die regelmässig zu Ihnen kommen? Wird da auch ab und an ein privates Wort gewechselt?

Die meisten Chauffeure für internationale Transporte die zu uns kommen, sprechen russisch, ukrainisch, bulgarisch, … also Kollegen, die unserer deutschen Sprache nicht wirklich mächtig sind. Da bleibt der Kommunikationsaustausch naturgemäss auf einem kleinen Niveau, was der Sprachbarriere geschuldet ist. Ich selber spreche serbisch, kroatisch, griechisch, da wird dann ein kurzer Smalltalk auch mal möglich. Bei unseren deutschsprachigen Partnern ist das anders. Wobei wir auch mit ihnen nicht viel Privates austauschen. Schlussendlich steht die Arbeit im Vordergrund und auch der Zeitdruck. Für die inländischen Fahrten arbeiten wir mit Moesch Transport in Wegenstetten zusammen. Da wird «Schwyzerdütsch» gesprochen und geht es sehr freundschaftlich zu.

 

Gibt es auch LKW-Fahrerinnen, die bei Müller Packaging Ware abholen?

Mehr als man gemeinhin denkt (lacht). In meiner Wahrnehmung sind es gut 10 Prozent LKW-Fahrerinnen.

 

Wie lange dauert die Beladung eines LKWs?

Das ist schwierig zu beantworten, weil es verschiedene LKW-Typen gibt und verschiedene Ladungsformationen – z. B. doppelt oder dreifach gestapelt. Dann spielt es eine Rolle, ob wir an der Rampe beladen oder via Gabelstapler. Aber im Durchschnitt sind es wohl 30 bis 45 Minuten.

 

Und der LKW-Fahrer – oder die LKW-Fahrerin – ist bei der Beladung immer dabei?

Das ist unterschiedlich, richtet sich aber nach den Incoterms. «Incoterms» ist die Abkürzung für «International Commercial Terms» (Lieferbedingungen). Sie sagen aus, wer beim internationalen Handel für was verantwortlich ist. Sie definieren den Ort und Zeitpunkt des Kostenübergangs, den Ort und Zeitpunkt des Risikoübergangs und davon abgeleitet etwaige Versicherungsverpflichtungen. Bei gewissen Incoterms muss der LKW-Fahrer oder die LKW-Fahrerin vor Ort sein oder sogar bei der Verladung mithelfen.

 

Gibt es Unterschiede in der Ladungssicherung für LKW- und Überseecontainer-Verladungen?

Bei LKW-Verladungen sind den Einwirkungen der Ladung auf das Fahrzeug, auf die Manövrierbarkeit und damit auf den Verkehr Rechnung zu tragen. Bei Überseecontainern kommen weitere Aspekte hinzu, was die Anforderungen an die Ladungssicherung erhöhen. Mit sogenannten Stausäcken, die zwischen der Ladung angebracht und aufgeblasen werden, können Paletten samt Fässern fixiert werden. Letzthin haben wir in einem Container, der Richtung Türkei ging, 39 solcher Stausäcke eingesetzt.

 

Welche Destinationen werden am meisten angefahren? Welche fernen Ziele stehen auch ab und an auf den Transportpapieren?

Gerade heute haben uns drei Container Richtung China verlassen. Auch in die USA gehen Transporte, Richtung Bosporus (wie vorhin erwähnt) oder Israel, England, Irland, Spanien, Italien. Es ist faszinierend, wie unsere Müller-Fässer weltweit nachgefragt werden. Das ist wohl nur möglich, weil unsere Qualität oben ausschwingt.

 

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Lörtscher.

Der Beruf LKW-Fahrer wird ab und an in den Medien diskutiert. Mancherorts gibt es Fahrermangel, das führt hier und da zu überlasteten Fahrern. Haben Sie das Gefühl, dass der Grossteil der LKW-Fahrer, die zu Ihnen kommen, gesund und motiviert sind?

Das ist sie nun. Die «Tricky»-Frage des Interviews (lacht). Sagen wir mal so: es gibt bestimmt LKW-Fahrer, die motivierter sind als andere (lacht nochmals). Einen gesunden Eindruck machen eigentlich alle.

 

Im Oktober 2021 war zu lesen, dass in Grossbritannien viele Verkaufsregale leerbleiben, weil der britischen Transportindustrie rund 100'000 Fahrer fehlen. In Deutschland warnen Experten, dass in zwei, drei Jahren ein ähnlicher Versorgungskollaps droht. Wie beurteilen Sie dieses Zukunftsszenario?

Es ist definitiv so, dass der Beruf LKW-Fahrer nicht zu den bestbezahltesten gehört. Früher haben Fahrer den Traumberuf gewählt, weil er ihnen auch ein bisschen Freiheit – auch im zeitlichen Sinne – gegeben hat und das Fahren in fremde Länder seinen Reiz hatte. Der Beruf hat sich mittlerweile geändert. LKW-Fahrer müssen jährlich eine gewisse Anzahl Fachkurse besuchen und ihre administrativen Aufgaben sind gestiegen, sodass sie – überspitzt gesagt – noch schauen müssen, dass sie zum eigentlichen Fahren kommen. So ist die «Freiheit» von früher einem Zeitdruck gewichen, was die Attraktivität des Berufes mindert. Von Spediteuren haben wir auch schon gehört, dass es schwieriger geworden ist, gutes Personal zu finden.

 

Hat es in jüngster Zeit Transportschäden oder Unfälle gegeben?

Ich bin seit 30 Jahren in der Transportbranche tätig. Transportschäden und Unfälle sind hier bei Müller Packaging so minimal, wie ich es bis dato noch nie erlebt habe. In meinen ersten 14 Monaten waren dies zwei kleinere Schäden, die aber von der Bedeutung her hier gar nicht erwähnenswert sind.

 

Worauf führen Sie dies zurück? Ist das Glück?

Glück braucht es immer. Sich nur auf das Glück zu verlassen, wäre grobfahrlässig. Nein, das ist eindeutig ein Verdienst unserer Speditionsmitarbeitenden, die ein Gespür haben, wie Ladungen optimal gesichert werden müssen.

 

Noch kurz zum Thema «Ökoeffizienz». Sind die LKWs, die Müller-Gebinde abholen, alle auf dem neusten technischen Stand und «umweltgerecht» unterwegs? Wird es dereinst einmal Elektro-LKWs geben oder ist das eine Illusion?

Unsere Transporteure haben die Ökoeffizienz auf dem Radar. In meiner Wahrnehmung sind über 90 Prozent der LKWs umweltbewusst unterwegs. Bei den Elektro-LKWs, die es ja bereits gibt, spielt die Reichweitenfrage mit hinein. Für kurze Strecken, also für regionale Transporte, sind diese bestimmt eine prüfenswerte Alternative. Für den Fernverkehr sind die heutigen Elektro-LKWs einfach zu wenig stark, zu wenig ausgereift, zu wenig leistungsfähig. Was für die (nahe) Zukunft bestimmt eine Alternative sein wird, sind wasserstoffbetriebene LKWs. Potenzial für eine grünere Logistik besteht durchaus. Ich finde es auch gut und spannend, dass diese Themen aktuell breit diskutiert werden. Wenn diese Lösungen kommen – und betriebswirtschaftlich Sinn machen – dann werden sie sich rasch durchsetzen.

 

Früher hat Müller Packaging auch via Bahn ihre Gebinde transportiert. Ist das heute nicht mehr so? Mit was hat das zu tun?

Wir haben heute noch Bahntransporte für vereinzelte Kunden, die auch einen Bahnanschluss haben. Mengenmässig sind dies drei Bahnwaggons pro Woche. Das ist ein Kleinstanteil an unseren gesamten Transporten und hat damit zu tun, dass LKWs flexibler und schneller Ziele anfahren können.

 

Zum Abschluss des Gesprächs noch zu Ihnen. Was gefällt Ihnen besonders an Ihrer Arbeit bei Müller Packaging?

Im wahrsten Sinne ist es die Möglichkeit, etwas zu bewegen, nämlich die Müller-Fässer von A nach B. Die Organisation dahinter, die vielfältigen Arbeiten und die Möglichkeit, meine Sprachkenntnisse einzubringen, machen meinen Job sehr attraktiv. Alles in allem eine runde Sache für mich, in einem Familienbetrieb, wo sich jeder kennt und wir gemeinsam an einem Strick ziehen.

 

Vielen Dank, Herr Lörtscher, für Ihre Zeit und das Gespräch!